Seit einiger Zeit bemüht sich die in ihrer Geschichte einst eher antiklerikale FPÖ um einen christlichen Anstrich, was nicht nur angesichts ihrer Flüchtlingspolitik kühn ist. Bei seiner letzten Rede im Hohen Haus griff Parteichef Herbert Kickl einmal mehr zur Religion, was in einem säkularen Staat per se schon fragwürdig ist. Aber wenn man schon aus der Bibel zitiert, dann bitte richtig. Als Kickl gegen die ÖVP austeilte, musste das Alte Testament herhalten.

FPÖ-Bundesparteiobmann Herbert Kickl bei seiner Rede anlässlich der Sitzung des Nationalrats am 17. April.
FPÖ-Bundesparteiobmann Herbert Kickl bei seiner Rede anlässlich der Sitzung des Nationalrats am 17. April.
APA/HELMUT FOHRINGER

"Das neunte Gebot, meine Damen und Herren: Du sollst nicht lügen" habe keine Bedeutung mehr in der Volkspartei, rief Kickl. Im neunten Gebot geht es allerdings darum, "deines Nächsten Frau" nicht zu "begehren". Das achte Gebot wäre jenes, das Lügen untersagt. Kann passieren. Wer erst später im Leben den Glauben als Strategie entdeckt, muss nicht zwingend bibelfest sein.

Das Gebot der Stunde in der österreichischen Innenpolitik lautet jedenfalls: Du sollst deine Kontakte zu Putins Machtapparat offenlegen. Grüne und Neos fordern zwar schon länger einen Untersuchungsausschuss zur Spionageaffäre, doch ein solcher ist jetzt praktisch erst nach der Wahl möglich. Das ist zu spät. Es ist der österreichischen Bevölkerung unzumutbar, nicht genau zu wissen, wer von den selbsternannten "Patrioten" eigentlich im Team einer autoritären fremden Macht und nicht in der eigenen, rot-weiß-roten Mannschaft spielt.

Putins nützliche Idioten

Wöchentlich werden mehr Details über ein gleichermaßen atemberaubend skrupelloses wie banales Spionagenetzwerk bekannt. Russland suchte und fand unter europäischen Rechtsextremen seit Jahren nützliche Idioten, um ein demokratisches Europa zu beschädigen.

In solchen Zeiten muss jeder "Freundschaftsvertrag" zwischen der FPÖ und Putins Partei und jede offensichtliche Russland-Propaganda in FPÖ-nahen Medien für alle sichtbar sein. Das gilt natürlich auch für jede andere Partei, die angesichts von Bank- und Energiegeschäften Richtung Kreml ein Auge zudrückt. (Colette M. Schmidt, 21.4.2024)