Spring salad from early vegetables, lettuce leaves, radishes and herbs in a white bowl süßer Salat
Essen sie ihren Salat gern mit gesüßtem Dressing?
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Pro & Kontra ist eine in der STANDARD-Beilage "RONDO" erscheinende Rubrik, die auf humoristische Weise Themen aus dem Alltag diskutiert.

Pro

De gustibus non est disputandum! Ja, ja, aber natürlich ließe sich über kaum etwas trefflicher streiten. Nur hätten wir dann den Salat, der einem womöglich sauer aufstößt. Unbestritten ist wohl, dass der Zucker manchen Salatsorten hilft, frischer zu erscheinen, als sie eventuell sind. Und dass er, bevor die Balsamicoflut über die Alpen schwappte, dem verdauungsfördernden Essig verlässlich die Schärfe und den Kindern den Widerwillen gegen vieles als gesund Angepriesenes nahm. So auch mir.

Ein Finger hoch des in Wien-Simmering gebrauten Hesperiden ins Viertelglas, dazu ein Drittelteelöffelchen Salz und drei bis vier volle Tee­löffelchen Zucker, versprudeln und mit Wasser aufgießen – fertig war Omas Allzweck-"Marinad", die ordentlich Sonnenblumenöl aus grün gewandeten Zweiliterdosen gerundet hatte. (Olivenöl blieb den offenen Füßen der böhmischen Urli vorbehalten.) Aber die beste Zuspeis zum Schnitzerl war ohnehin das zimtig-nelkige Maschanzker-Kompott. Ach, ­süßer Vogel Jugend! (RONDO, Siegfried Lützow, 21.4.2024)

Kontra

Karotten, Bohnen und Salatblätter, versenkt in einer zuckersüßen Sauce. Für mich lief so etwas lange unter "Oma-Salat". Bei ihr wurden Salate nämlich wie süße Nachspeisen angerichtet. Auf dem Tisch kam ihnen trotzdem nur eine Nebenrolle zu. Schon als Kind beschlich mich der Verdacht: Meine Oma traute Gemüse ziemlich wenig zu. Sie war offenbar der Meinung, nur Zucker oder Süßstoff mache das Grünzeug genießbar. Mit dieser Vorstellung stand sie damals nicht allein da. Ge­süßte Salatsaucen, sie waren irgendwie überall.

Seit das Grünzeug das Fleisch der Veganerinnen ist, hat sich der Zeitgeist glücklicherweise verändert. Salate dürfen heute alles sein. Gefeiert werden bittere Geschmacksnoten von Chicorée oder Radicchio. Nur in manchen Lokalen werden noch Zeit­reisen in die Achtzigerjahre angeboten. So wie mir zuletzt passiert in einem Wiener Biergarten – schlagartig fühlte ich mich zurückversetzt an Omas Mittagstisch. Bei aller Liebe, das muss nicht sein. Denn nein, nicht alles war früher besser. (RONDO, Anne Feldkamp, 21.4.2024)