Wien – In einem offenen Brief appellieren prominente Vertreterinnen und Vertreter der heimischen Kulturszene an den ORF, die beabsichtigte Verschmelzung der Ö1-Abteilungen Wissenschaft, Kultur und Musik mit den Fernseh- und Onlineredaktionen zu überdenken. "Ö1 muss als europäischer Spitzensender erhalten bleiben" nennt sich das Personenkomitee, dem alle Direktoren der Bundestheater sowie die Intendanten der Salzburger und der Bregenzer Festspiele und der Wiener Festwochen angehören.

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Die Kulturszene protestiert gegen die Verschmelzung der Ö1-Abteilungen Wissenschaft, Kultur und Musik mit den Fernseh- und Onlineredaktionen.
Foto: Harald Fidler

Offener Brief

Durch die multimedialen Cluster würden künftig "Entscheidungen nicht mehr innerhalb des Senders getroffen, sondern im fernsehdominierten ORF-Kontext. Dadurch ist die organisatorische Einheit, Eigenständigkeit und Identität von Ö1 ernsthaft gefährdet, auf Kosten von Vielfalt und Qualität", heißt es in dem der APA vorliegenden Brief, der sich auch an die Politik richtet.

Unterzeichnet wurde er unter anderem von Staatsoperndirektor Bogdan Roščić, Volksoperndirektorin Lotte de Beer, Burgtheaterdirektor Martin Kušej, Volkstheaterdirektor Kay Voges, dem Direktor des Theaters in der Josefstadt, Herbert Föttinger, dem Salzburger Festspielintendanten Markus Hinterhäuser, der Bregenzer Festspielintendantin Elisabeth Sobotka, dem Wiener Festwochen-Intendanten Milo Rau, den Museumsdirektoren Stella Rollig (Belvedere) und Hans-Peter Wipplinger (Leopold Museum), Pianist Rudolf Buchbinder, Kabarettist, Schauspieler und Filmregisseur Josef Hader, Filmregisseur Michael Haneke, Autor Christoph Ransmayr und Physik-Nobelpreisträger Anton Zeilinger.

ORF: "Organisatorische Weiterentwicklung dient Stärkung des Senders"

Ö1 sei "mit seinen rund 800.000 täglichen Hörerinnen und Hörern eines der erfolgreichsten Informations-, Bildungs- und Kulturradios überhaupt. Diese starke Position in Frage zu stellen wäre nachgerade absurd", so der ORF in einer Reaktion auf den offenen Brief. "Die ORF-Geschäftsführung bekennt sich in vollem Umfang zu Ö1, wie Generaldirektor Roland Weißmann in Beantwortung eines ähnlichen Offenen Briefs im Februar 2024 bereits dargelegt hat".

Es sei "weder ist die programmliche Vielfalt und Qualität von Ö1 gefährdet noch seine Identität, ganz im Gegenteil. Um seine starke Position auch in Zukunft abzusichern, hat Ö1 im Rahmen der ORF-Radiostrategie behutsam sein Profil erneuert", argumentiert der ORF auf STANDARD-Anfrage. Die entsprechenden Maßnahmen seien vom Sender selbst erarbeitet worden, "auch die organisatorische Weiterentwicklung dient der Stärkung des Senders. Beispielsweise ist auch die Information multimedial organisiert. Sie ist aber weiterhin ein maßgeblicher Programmteil von Ö1 und erreicht damit einen Marktanteil von 34 Prozent der Ö1-Nutzungsminuten gesamt." (APA, red, 15.4.2024, Update: 16.4.2024)