Um zu verstehen, wie mehr Menschen für Pflegeberufe motiviert werden könnten, lohnt sich ein Blick in das System Krankenhaus. Einige Länder in der EU haben teils ähnliche Probleme, andere wiederum scheinen mit ihrem alternativen Modell sehr erfolgreich zu sein. Vier Dokumentationen, die noch in den Mediatheken abrufbar sind, liefern ehrliche Einblicke und Antworten.

Ländervergleich der Gesundheitssysteme 

ORF Korrespondenten unterhalten sich per Telefon
Wie ist der Zustand in Italien, Spanien und der Schweiz? Sehr unterschiedlich, wie die ORF Korrespondenten zeigen.
Screenshot/ORF

Rund 40.000 Ärzte und 70.000 Pflegekräfte fehlen in den kommenden Jahren in Italien. In Spanien und in Österreich zeichnet sich ein ähnliches Bild ab. Eine neue Dokumentation im ORF mit dem Namen Wo krankt es im Gesundheitssystem zeigt, wie die Lage in den europäischen Nachbarländern ist.

Die Korrespondentinnen berichten von den Schwierigkeiten, aber auch den Unterschieden zum österreichischen Gesundheitssystem - und das nicht nur schwarzmalerisch. In Spanien wandern viele aus dem Gesundheitssektor nach Frankreich oder nach Portugal ab - aufgrund der besseren Bezahlung. Sowohl in Italien als auch in Spanien steht dem Sektor immer weniger Geld zur Verfügung.

Doch es gibt auch positive Entwicklungen. In Spanien sind beispielsweise alle Patientendaten digitalisiert. Und die Schweiz ist ebenfalls in einigen Bereichen Vorreiter: Dort wird rund 20 Prozent mehr in das Gesundheitssystem investiert als in Österreich. Die Verantwortlichen aller Länder haben auch erkannt, wie sie ihr Personal halten können. "Wir müssen sicherstellen, dass die Leidenschaft unserer Angestellten für den Beruf weiter brennt", sagt der Leiter des größten Krankenhauses in Neapel.

So kann Pflege aufgewertet werden

Portrait einer jungen Bosnierin
Die junge Bosnierin wird für eine Stelle im Pflegebereich nach Deutschland kommen.
Screenshot/Arte

Auch in Finnland und in Deutschland finden sich Beispiele, wie das Gesundheitssystem verändert werden könnte. Der Film Pflege in Not - Wege aus der Krise auf Arte gibt Einblicke in Krankenhäuser, die bereits neue Wege gehen.

In einem Stuttgarter Krankenhaus wurde eine sogenannte Advanced Practice Nurse eingestellt, also eine Pflegerin, die sich um die Verbesserung der Qualität der Pflege, aber auch des Personals kümmert. Daneben wird auch der Karriereweg einer Bosnierin beschrieben, die für den Job nach Deutschland kam.

Rund zwölf Prozent des Pflegepersonals in Deutschland ist aus dem Ausland. Mit dem Triple-Win-Programm sollen noch viele weitere Pflegekräfte angeworben werden. In Finnland scheint man den Notstand bereits vor Jahren erkannt zu haben.

Hier haben Pflegekräfte deutlich mehr Befugnisse. In Erstversorgungszentrum sprechen Patienten beispielsweise erst mit einer weitreichend ausgebildeten Pflegekraft. Nur bei ernsteren Erkrankungen wird man zur Ärztin weitergeleitet. Die flacheren Hierarchien werden auch durch die einheitliche Kleidung verdeutlicht: Man trägt die Farbe, die einem gefällt. Ein spannender und aufschlussreicher Blick über den Tellerrand.

Von der Flugbegleiterin zum Pflegerin

Karin Huber zieht Spritze auf.
Karin Huber hat in der Pandemie den Job gewechselt: vom Flugzeug ins Krankenhaus.
Screenshot/ZDF

Es ist ein Blick in die jüngste Vergangenheit, der vielen heute vielleicht als Fiebertraum erscheinen mag. Die Dokumentation Plötzlich Pfleger*in im ZDF holt zwei Menschen vor den Vorhang, die während der Pandemie beschlossen haben, ihre Berufe zu wechseln und Pflegekraft zu werden.

Eine davon ist Karin Huber. Dem Dialekt nach zu urteilen ist sie Österreicherin. Sie konnte aufgrund des Flugverbots ihren Job als Flugbegleiterin nicht mehr ausüben. Statt aber den Kopf in den Sand zu stecken, wollte sie helfen und begann, als Assistenz in einem Krankenhaus zu arbeiten.

Auch für den Kellner Matthias Zöpfl änderte sich sein Leben mit der Pandemie. Er hörte von den schlimmen Zuständen in den Krankenhäusern und wollte nicht tatenlos zusehen. Er bewarb sich als freiwilliger Helfer. Beide machten später eine Pflegeausbildung, da sie den Job lieben lernten.

Gerade Personen, die später in diesen Beruf wechseln, bringen viele wichtige Fähigkeiten mit und bleiben oft länger, erklärt Christine Vogler, Präsidentin des Deutschen Pflegerats. Der Film ist äußerst rührend gemacht. Der direkte Blick der beiden in die Kamera, ihre Geschichten: ganz nah, emotional und ehrlich.

Wie der Pflegeberuf einen verändert

Pfleger Michael beugt sich über Säugling.
Michael kümmert sich tagtäglich um Babys, die mit einem Herzklappenfehler zur Welt kamen.
Screenshot/ZDF

Es ist früh am Morgen. Der erste Gang des Pflegers Michael ist ans Bett seiner Patienten. Es sind Babys, die einen angeborenen Herzfehler haben. Auch wenn er diese Arbeit seit Jahren macht, sagt er: "Ich hab trotzdem immer weiche Knie."

In der Dokumentation Atemlos durch jede Schicht im ZDF wird der Krankenhausalltag von drei Pflegekräften gezeigt. Es wirkt wie eine Folge von Grey’s Anatomy. Nur echt. Acht Stunden Stress. Pausen gehen sich nur sehr selten aus. Man sieht die Pflegenden hin- und herlaufen. Ein Sonderwunsch oder spezieller Fall nach dem Nächsten.

"Mein Puls ist immer über hundert", sagt die junge Pflegerin Mandy in die Kamera, während sie Medikamente sortiert. Doch eines wird klar: Sie alle lieben ihren Job. Wie geht es ihnen, wenn sie so schwere Schicksalsschläge miterleben? Wie verarbeiten sie die Erlebnisse des Arbeitstages? Wie verändert so ein Job die eigenen Einstellungen?

Michael sagt, er lernte, dass der Tod zum Leben dazugehört. Die dritte Pflegerin, die in dem Film vorgestellt wird, ist Vanessa. Sie engagiert sich auch außerhalb der Arbeitszeit dafür, dass die Berufsumstände verbessert werden. Unermüdlich. (Natascha Ickert, 9.5.2024)