Während ich gerade mein rituelles Mittagsschlaferl hinter mich gebracht habe, hat sie es in der Praxis gerade stressig: "Aber na ja!" Also schnell die erste Frage: Darf man denn zu Mittag überhaupt schlafen? "Das ist Veranlagungssache! Die es können, haben jedenfalls einen Riesenvorteil, weil man ja danach tatsächlich ausgeruhter und besser drauf ist. Wer aber eine Durchschlafstörung hat, der muss den Schlaf ansammeln, bis der Schlafdruck groß genug ist." Erzwingen kann man beim Schlaf jedenfalls gar nichts, also soll man auch niemandem verbieten, sich im Bett mit Büchern zu umgeben. "Früher sagte man in der Schlafmedizin, dass man im Bett gar nichts machen soll außer schlafen ..." (Und vielleicht ein bisserl Sex?) "Ich aber bin Gestalttherapeutin, und da sieht man die Welt kreativer. Wenn sich also jemand das Lesen im Bett angewöhnt hat und ein wohliges Gefühl vor dem Einschlafen dabei entwickelt – wunderbar! Ein vor lauter Schlafhygiene strahlendes, aber sprödes Leben ohne Freude bringt ja auch keinen Schlaf."

Brigitte Holzinger und ihr Buchtipp.
Andy Hill

In ihrer Karriere hat sie dann aber doch nur von zwei Patienten gehört, die mit einem Buch tatsächlich nicht aufhören konnten und bis fünf Uhr früh durchlesen mussten. Häufiger sind also wohl Bücher, die einen bald schnarchen lassen. So wie der Zauberberg? "Teils, teils!", lacht sie. "Das kommt auf die Passagen an, da ist beides drin." Das Buch nahm sie mit Anfang zwanzig zum ersten Mal mit ins Bett, zusammen mit dem "Golem, Hesse, viel Mysteriösem, Mystischem, Entwicklungstechnischem und Philosophischem." Zu all ihren eigenen Büchern – "die bei mir im Schlafzimmer in Haufen herumliegen!" – kamen in letzter Zeit die der leider Verstorbenen dazu: "Ich schichte um, staple oder schaue ein Buch an und denke: Ah, als ich diesen Gedichtband gelesen habe, war ich soundso alt. Noch kann ich ein Buch nicht wegwerfen, aber irgendwann stellt sich die Frage: Was damit machen?" Sie wird wohl noch ein paar Mal darüber schlafen, bis sie es weiß. Und dabei vielleicht von überquellenden Bücherhaufen träumen. (Manfred Rebhandl, 13.4.2024)